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Placeboeffekt oder medizinischer Irrtum? – Hpathy.com

(1) Anlass dieser Seite: Ein guter Bericht, darf das nicht sein?
(2) “Eine Auswertung der besten Studien zeigte, dass Homöopathie nicht besser als Scheinarznei wirkt”
(3) “Ok, die Egger-Studie hat keinen soliden Boden. Aber sind Homöopathika nicht dennoch Scheinmedikamente (Placebos)?”
(4) “Der Glauben hilft viel”, oder:
“Welche Bedeutung hat der Placebo-Effekt in der Homöopathie wirklich?”
(5) “Homöopathische Arzneien enthalten extrem verdünnten oder gar keinen Wirkstoff”
(6) “Die Homöopathie widerspricht wissenschaftlichen Prinzipien”
(7) “Der Chinarinden-Versuch Samuel Hahnemanns war ein medizinischer Irrtum”
(8) “Die Homöopathie sperrt sich gegen jeden Fortschritt”
(9) “Heilpraktiker haben keine medizinische Ausbildung”
(10) “Homöopathie-Ausbildungen sind nicht geregelt”
(11) Links zum Thema “Studien und Wirksamkeitsnachweis”

(1) Anlass dieser Seite: Ein guter Bericht, darf das nicht sein?

Wer Homöopathie bereits erlebt hat, wird sich durch allerlei kontroverse Debatten nicht aus der Fassung bringen lassen. Wir müssen jedoch zur Kenntnis nehmen, dass es in diesem Jahr (2005) eine von langer Hand geplante Medienkampagne gab, die ihren Niederschlag unter anderem in Zeitungsberichten und in einer Veröffentlichung der Stiftung Warentest fand. Eigentlicher Hintergrund ist eine durchaus POSITIVE Nachricht: dies ist der sehr homöopathie-freundliche Entwurf eines Berichtes der Weltgesundheitsorganisation WHO. Der WHO-Bericht stellte die Homöopathie der Schulmedizin gleichwertig zur Seite. Aus der Sicht wohl bekannter, finanziell mächtiger und bestens organisierter Interessengruppen darf dies offenbar so nicht sein und gab Anstoß zu der letzten, weltweit gestreuten Kampagne. Unter anderem soll die Veröffentlichung des WHO-Reports als offizielle Version verhindert werden, koste dies was es wolle.

Die Homöopathie wird ihre Freunde und ihre Gegner finden, so lange es sie gibt. Wir müssen niemanden “bekehren”: wer die Wirkung homöopathischer Behandlung an sich selbst erlebt hat, der benötigt keine wissenschaftlichen Beweise mehr. Doch die aktuelle Diskussion hat viele Menschen verunsichert, und sie polarisiert unnötig. Das Medientheater trieb manchmal auch lächerlich-groteske Spitzen, wie etwa dem natürlich gescheiterten … “öffentlichen Suizidversuch” einer bekannten Homöopathie-Gegnerin durch Einnahme von drei 1000er-Potenzen während einer Fernseh-Talkshow, oder auch Interviews mit fanatisierten und als solchen überhaupt nicht repräsentativen Impf-Kritikern, die dann ebenfalls mit der Homöopathie in einen Topf geworfen werden.
Fazit: Die zuerst zu nennende Nachricht ist eine durchaus gute, nämlich der positive Entwurf eines WHO-Berichts. Den Argumenten der anderen Seite müssen wir uns dennoch stellen. Das geschieht im Folgenden.

(2) “Eine Auswertung der besten Studien zeigte, dass Homöopathie nicht besser als Scheinarznei wirkt”

Wirkt Homöopathie tatsächlich oder nur durch Placebo-Effekte, also durch Suggestion und Einbildung? Gehen bevorzugt leichtgläubige Menschen zum Homöopathen? Den Statistiken nach sind es eher gebildete und kritische Menschen. Warum wirkt Homöopathie auch bei Babies, Tieren oder Bewusstlosen? Nichts spricht dagegen, solchen Fragen nachzugehen. Das muss jedoch auf seriöse Art und Weise geschehen und mit Forschungsmethoden, die geeignet sind, zu wirklichen Aussagen zu kommen. Es gibt eine durchaus größere Anzahl von Studien, welche die Wirksamkeit der Homöopathie belegen.

Im Frühjahr 2005 tauchte nun eine Studie aus der Schweiz auf, bekannt als sog. Egger-Studie. Diese behauptete, alle bisherigen homöopathie-positiven Ergebnisse durch eine genauere Analyse der Studienqualität in den Wind wischen zu können und kommt dabei zur oben zitierten Aussage. Dafür wurden 110 allopathische und 110 homöopathische Studien auf ihre Ergebnisse wie auch auf mögliche Verzerrungseffekte hin analysiert. Das hört sich erstmal ordentlich an, oder?

Für die tatsächlichen Schlussfolgerungen wurden jedoch nur acht, angeblich höherwertige Homöopathie-Studien herangezogen, und der Autor legt nicht offen, welche acht Studien dies waren und nach welchen Kriterien diese als angeblich höherwertig eingestuft wurden. Die offensichtlichen Fehler im Studiendesign und die politischen Tricksereien rund um die Studie — bei der es einfach um Geld ging, nämlich um die Aufnahme der Homöopathie in die Kassenregelleistungen in der Schweiz — sind damit keineswegs zu Ende. Wenn nicht nur eine so genannte Randgruppe außerhalb des Mainstreams betroffen wäre, würde es zum Skandal gereichen. Details dazu siehe:
www.unioncomed.ch/pdf/ Dass ausgerechnet diese, weltweit für ihre Fehlerhaftigkeit kritisierte Studie immer wieder von Homöopathie-Gegnern (inklusive der Stiftung-Warentest-Coautorin Christa Federspiel) herangezogen wird, lässt wohl am ehesten noch Schlüsse über die Strategien von Gegnern der Homöopathie zu. Wie schon eingangs gesagt: Gegner wird es immer geben, und begründete Kritik bringt die Sache sogar weiter. Was wir bedauern, ist die Polarisierung durch polemisch vorgetragene Kritik. Bedauerlich ist vor allem, dass ausgerechnet die sonst als seriös geltende Stiftung Warentest sich durch eine Buchveröffentlichung Positionen eingefleischter Homöopathie-Feinde zu eigen gemacht hat, die auch vor unsachlicher Kritik (etwa: Homöopathen würden Hundekot verschreiben, und ähnliche Polemik) nicht zurückschrecken.

Gesundheit ist ebenso wie Glück, Frieden oder Liebe keine Ware und daher auch keine Dienstleistung. Wir kommen an Grenzen, wenn Heilverfahren in der Art von Waren oder Dienstleistungen bewertet werden sollen. Umso mehr ist dies der Fall bei ganzheitlichen Therapieverfahren, deren Ergebnisse an isolierten Parametern alleine nie zu bemessen sein werden.

(3) “Ok, die Egger-Studie hat keinen soliden Boden. Aber sind Homöopathika nicht dennoch Placebos (Scheinmedikamente)?”

Die erste Antwort habe ich eingangs gegeben, mit der oft beobachteten Wirkung homöopathischer Mittel bei Babies, Tieren oder Bewusstlosen. Dies können wir vertiefen mit der Beobachtung folgender Situation: ein Patient kommt mit einer seit vielen Jahren bestehenden chronischen Krankheit ohne Selbstheilungstendenz, beispielsweise mit seit 20 Jahren bestehendem Asthma bronchiale in die Praxis. Voll guter Hoffnung nimmt er das homöopathische Mittel A, und es hilft nichts. Mit deutlich bescheidenerer Hoffnung geht er nochmals zum Homöopathen und bekommt das Mittel B, es hilft ebenso wenig. Nun bereut er eigentlich schon, eine homöopathische Behandlung begonnen zu haben und glaubt immer weniger an eine Wirkung, doch nachdem er schon das Geld für eine Erstanamnese ausgegeben hat, geht er ein drittes Mal zum Homöopathen. Das Mittel C bringt in den ersten 10 Tagen auch keine aufsehenerregenden Wirkungen, nicht einmal die erwartete Erstverschlimmerung, und der Patient lässt jede Hoffnung fallen — doch von nun an geht es stetig aufwärts. Ist das noch mit Placebo-Effekt zu erklären? Dann hätte das erste und nicht das dritte Mittel wirken müssen!

Das ist in dieser Weise kein konstruierter, sondern ein relativ alltäglicher Fall. Die homöopathische Fallanalyse und Auswahl eines passenden Mittels unter vielen hundert ist ein sehr komplexer Vorgang, und es kommt nicht selten vor, dass erst das zweite oder dritte Mittel hilft, ganz wie in obigem Beispiel. Oft benötigen wir Mittelfolgen auch wegen der Vielschichtigkeit chronischer Fälle. Für eine ordentliche Verlaufsbeurteilung und passende Wahl des folgenden Mittels ist es unerlässlich, dass der Homöopath gelernt hat, Suggestions- und Placeboeffekte (die wir natürlich auch in unseren Praxen beobachten) von echten Mittelwirkungen zu unterscheiden! Das scheinbar großmütige Zugeständnis der anderen Seite an unsere Heilerfolge als Placebo-Heilungen ist, wie der nächste Abschnitt zeigt, wertlos.

(4) “Der Glauben hilft viel”, oder:

“Welche Bedeutung hat der Placebo-Effekt in der Homöopathie wirklich”?
Den Einwurf, dass Homöopathen nur besonders geschickte Placebo-Therapeuten sind, haben wir schon oben entkräftet. Ein bis zweieinhalb Stunden Erstaufnahme im chronischen Krankheitsfall wären zugegeben eine gute Start-Voraussetzung für Placebo-Therapie. Doch die Folgetermine in mehrwöchigem, manchmal mehrmonatigem Abstand wären einfach viel zu wenig, um einen solchen Effekt aufrecht zu erhalten! Wer vor allem Gespräch und Zuwendung sucht, ist beim Psychotherapeuten vermutlich besser aufgehoben.

Schulmediziner schätzen, dass rund 30% aller Arzneiwirkungen (gleich ob allopathisch, pflanzlich, homöopathisch…) durch unspezifische und nicht eigentlich arzneiliche Effekte zustande kommen. Davon sind Homöopathen nicht prinzipiell ausgenommen. Wenn wir etwas anspruchsvoller an die Frage herangehen, müssten wir zumindest Folgendes unterscheiden:

(a) Effekte durch Suggestion oder/und Autosuggestion, inklusive der Wirkung von Erwartungshaltungen,
(b) die Wirkung menschlicher Zuwendung in der ganzen Spannbreite von “Trost” und menschlicher Anteilnahme bis hin zu psychotherapeutischen Effekten und Lebensberatung.

Von alledem nochmals zu unterscheiden wäre der in schweren chronischen Krankheiten extrem seltene Fall so genannter Spontanheilung, doch dies hat mit Placebo-Effekten wenig zu tun. Ebenso wenig sprechen wir hier von der üblichen Selbstheilung harmloser akuter Erkrankungen bei sonst gesunden Menschen.

Auf eine sorgfältige Differenzierung zwischen Suggestion und psychotherapeutischen Effekten lege ich, vor jeder Homöopathie-Diskussion, deswegen so großen Wert, da Suggestion bei echten chronischen Beschwerden grundsätzlich KEINE dauerhaften Heilwirkungen hervorbringen kann. Zunächst ohne naturwissenschaftlichen Beleg sage ich hier: jeder Täuschung folgt die Ent-Täuschung. Das Bedürfnis der Seele nach Wahrheit spiegelt sich auch in den Lebensprozessen. Wenn nicht auf einer “wahrhaftigen” Ebene etwas geschieht, dann geht das Pendel wieder in die andere Richtung, und der kurzfristigen Besserung (Homöopathen bekannt als “palliative Erstwirkung”) folgt der Rückfall mit Tendenz zur Verschlechterung. Natürlich sind Placebo-Effekte auch in der Homöopathie möglich, jede aktive Suggestion ist jedoch tunlichst zu vermeiden.

Sicherlich sind Hoffnung auf und Offenheit für Heilung günstige Faktoren, doch Offenheit hat nichts mit forcierter Einbildung zu tun. Da viele Menschen in diesem Zusammenhang auch noch von “Glauben” sprechen, sei hier ganz deutlich gesagt: ein pseudoreligiöser Glauben an die Homöopathie ist alles andere als hilfreich! Die Homöopathie ist Heilkunst; einen spirituellen Weg muss jeder Mensch schon selbst gehen. Problematisch sind daher auch so manche Vermischungen von Homöopathie und Esoterik.
Gesprächstherapie kann abseits der Suggestion echte Therapie sein, und Lebensberatung schafft in einigen Fällen erst die Voraussetzungen für homöopathische Heilung. Schon Samuel Hahnemanns forderte in seinem Werk “Die Chronischen Krankheiten” eine entsprechende Begleitung der Patienten. Diese ist oftmals, aber keineswegs immer notwendig. Bei vielen Patienten geht es weder um Psychotherapie noch um Lebensberatung, und solche Patienten sind unterm Strich einfacher homöopathisch zu behandeln. Der Erfolg spricht dann umso signifikanter für die Homöopathie!

Fazit:
(a) Suggestion hilft dem Patienten allenfalls kurzfristig und wird von guten Homöopathen soweit möglich vermieden,
(b) Gespräch und Beratung sind oft sinnvoll, ersetzen aber nicht die homöopathische Behandlung selbst.

(5) “Homöopathische Arzneien enthalten extrem verdünnten oder gar keinen Wirkstoff”

Richtig: die Wirkung homöopathischer Arzneien kann aufgrund der extrem geringen Menge der enthaltenen Ausgangssubstanzen nicht mit den üblichen chemisch-biologischen Mechanismen erklärt werden. Schon mit der Potenzstufe D6 sind wir bei einer millionenfachen Verdünnung angelangt und damit bei einem Verdünnungsgrad, in dem welchem nur noch ganz wenige Substanzen eine unmittelbare biochemische Wirkung aufzeigen. Und schon ab C12 / D23 kommen wir in einen Bereich, in welchem materielle Arzneiwirkungen noch nicht einmal theoretisch in Betracht gezogen werden können.

Nun ist die Herstellung homöopathischer Arzneien mehr als nur Verdünnung. Die Substanzen werden intensiv verrieben oder verschüttelt. Was Homöopathen dabei vermuten, kann im weitesten Sinne als “Informationsaustausch” beschrieben werden. Was dabei genau geschieht, kann im Sinne der Naturwissenschaft nicht beschrieben werden. Ob dies ein Mangel der Homöopathie ist oder ob wir womöglich nur den Grenzen heutiger Naturwissenschaft begegnen, sehen wir im nächsten Abschnitt.
“Informationsaustausch” ist natürlich eine Analogie aus dem Zeitalter der Computertechnologie. Sie macht den Vorgang anschaulich, da jeder physische Vorgang Abbild einer geistigen Wirklichkeit sein kann. Eine Computer-Festplatte speichert bestimmte Informationen, die sich einer chemischen Untersuchung jedoch entziehen werden. Tatsächlich werden bestimmte “Eigenschaften” — um einen neutrales Wort zu verwenden — bei dem intensiven Verreiben oder Verschütteln vom Ausgangsstoff oder von der vorhergehenden Potenzstufe auf die jeweils nächste Potenz übertragen. Im Wirbel einer Flüssigkeit entstehen, was durch Beigabe von Farbstoff sichtbar gemacht werden kann, große innere Oberflächen, die einen intensiven und bewegten Kontakt zu einander haben. Beim gründlichen Verreiben ist der Vorgang ähnlich; beides trägt bei zum Übergang bestimmter Eigenschaften des Ausgangsstoffes auf den Arzneiträger (in der Regel Wasser, Alkohol oder Zucker). Die Intensität der Verschüttelung oder/und Verreibung ist durchaus einer der für die Arzneiqualität relevanten Faktoren, wobei Verdünnung und Verreibung/Verschüttelung in einem gewissen Gleichgewicht stehen sollten.

Die Übertragung von “Information” mag zunächst eine Hypothese sein. Doch auch im wissenschaftlichen Bereich können Hypothesen notwendig zu sein, um dem Denken keine künstlichen Grenzen aufzusetzen. Leider beruht auch die Atombombe auf Hypothesen und bedauerlicherweise ist sie seit 1945 eine Realität, obwohl bis heute kein Mensch die Existenz von Atomen unmittelbar nachweisen konnte. Der Nachweis von Atomen, übrigens auch der meisten Moleküle und der meisten Viren ist immer nur indirekt möglich.

Alle Erfahrungen mit homöopathischen Mitteln bestätigen, dass die für Verschreibung nach Ähnlichkeitsprinzip relevanten Wirkungen eine solche feinere, im weitesten Sinne “informative” Natur haben. Die Potenzierung lässt sich auch nicht theoretisch, sondern nur durch sorgfältige Empirie begründen. Tatsächlich verwendete der Begründer der Homöopathie, Samuel Hahnemann, jahrelang nicht potenzierte Arzneien, bis er eines Tages entdeckte, dass die für die Homöopathie relevanten Arzneikräfte intensiver und mit viel weniger Nebenwirkungen genutzt werden konnten, wenn die Arzneien zuvor mehrfach verdünnt und intensiv verschüttelt wurden.

Und schon Hahnemann sagte: auf die Erklärung kommt es nicht eigentlich an, aber wenn ihr’s denn wissen wollt, was meine Meinung ist, dann erkläre ich dies so und so. Das kann jeder nachlesen in Hahnemanns Organon, §§ 28 – 34 sowie “Die chronischen Krankheiten”, Vorwort von Bd. 4.

Aus heutiger Sicht gehe ich davon aus, dass Verschüttelung und Potenzierung überall in der Natur stattfinden: in der Meeresbrandung, in Bergbächen, in Windwirbeln oder sogar in den langsamen Strömungen in den Tiefen des Erdkörpers. Wenn dies so ist, handelt es sich um ein großartiges Kommunikationsprinzip und -System, von dem der gesamte Kosmos Gebrauch macht. In der Natur jedoch vermischen sich die Potenzierungsvorgänge und neutralisieren sich weitestgehend, so dass wir ohne allen Nachteil aus der Bergquelle trinken können.

Im Gegensatz dazu steht die Herstellung homöopathischer Arzneien: hier wird eine einzelne, isolierte Substanz in einer sehr geradlinigen Rhythmik durch die Reihe der Potenzstufen geführt. Dies ist ein grundsätzlich künstlicher Vorgang, welcher den Arzneien Eigenschaften gibt, die wir in der Natur so nicht vorfinden.

Spitzfindige Köpfe sagen manchmal: ab einer bestimmten Potenzstufe müssen doch selbst die geringsten Verunreinigungen den Ausgangsstoff überwiegen und werden dann mitpotenziert. Wer so denkt, geht immer noch von einer materiellen Vorstellung aus. Denn wenn es tatsächlich so ist — und jede Erfahrung spricht dafür — dass “hohe” Potenzen stärker (und nicht schwächer) wirken als Tiefpotenzen, dann ist es nur plausibel, dass die bereits potenzierte Substanz (beziehungsweise deren “Information”) sich bei allen nachfolgenden Potenzierungsschritten gegenüber möglichen Störfaktoren in Gestalt von Verunreinigungen durchsetzt.

Fazit: Die Arzneipotenzierung ist ein in sich plausibler und durch die Erfahrung von Millionen Patienten und tausender Homöopathen bestätigter Vorgang. Für das, was sich genau abspielt, gibt es ausreichend Modelle, aber noch keine vollständige Erklärung. Dies tut nicht weiter weh, denn es gibt viele Kräfte, die unser Leben beeinflussen und die wir wegen mangelnder Erklärbarkeit dennoch nicht missen wollten — und seien dies “nur” Liebe oder eine dualistisches Denken überschreitende Wahrhaftigkeit.

(6) “Die Homöopathie widerspricht wissenschaftlichen Prinzipien”

Nun zur Frage der Wissenschaftlichkeit. Richtig: Naturwissenschaftlich ist die Wirkung homöopathischer Mittel, heute jedenfalls, nicht erklärbar. Kann daraus geschlossen werden, dass sie unwirksam seien, oder dass Homöopathie und Naturwissenschaft sich gegenseitig widersprächen? Ist nicht existent oder unwirksam, was unsere gegenwärtige Naturwissenschaft noch nicht erklären kann? Vor 200 Jahren noch zählten Magnetismus und Elektrizität zu jenen geheimnisvollen Kräften, die in keine Erklärung hineinpassten. Wie kann unsere heutige Naturwissenschaft behaupten, “alles” zu kennen und zu erklären?

Es widerspricht grundlegenden wissenschaftlichen Prinzipien, die Existenz von Dingen oder Phänomenen nur deswegen auszuschließen, weil die gegenwärtige Wissenschaft noch keine Erklärung anbieten kann. Solche Vorstellungen entspringen der Hybris des Zeitgeistes und sind zudem den Wissenschaftsmodellen des 19ten Jahrhunderts verhaftet. Dort, wo die Naturwissenschaft am fortgeschrittensten ist, besonders in der Quantenphysik, gibt es noch viel verrücktere Phänomene als die Wirksamkeit homöopathischer Arzneien. Für letztere bietet die Quantenphysik immerhin Modelle an, die eine Erklärung erlauben.

Bis über das Modell hinaus sind auch quantenphysikalische Erklärungsversuche noch nicht gediehen und werden dies vermutlich auch nicht, bevor nicht eines Tages die spätantike und frühmittelalterliche Spaltung zwischen “Wissen über die Natur” und “Wissen über geistige Dinge” überwunden sein wird.

Tatsächlich hat die Homöopathie eine sehr wissenschaftliche, auf systematischer Beobachtung aufgebaute Methodik. Die Homöopathie hat eine nachvollziehbare Systematik geschaffen, die über Verifizierung (Bestätigung) und Falsifizierung (Nicht-Bestätigung) homöopathischer Arzneiwirkung hinaus eine hoch differenzierte Verlaufsbeurteilung ermöglicht. Kein medizinisches System hat den Begriff “Heilung” so kritisch hinterfragt und kennt so differenzierte, über Symptombesserung weit hinausreichende Kriterien zur Beurteilung von Heilungsprozessen wie die Homöopathie. Dabei ist diese weder an die Grenzen einer materialistischen Naturwissenschaft gebunden, noch gleitet sie ab in spekulative Pseudo-Esoterik. Homöopathie ist alles andere als Weltanschauungsmedizin, doch sie kann uns herausfordern, unser Weltbild zu erweitern.

(7) “Der Chinarinden-Versuch Samuel Hahnemanns war ein medizinischer Irrtum”

“Ich nahm des Versuchs halber etliche Tage zweimahl täglich jedesmahl vier Quentchen gute China ein; die Füße, die Fingerspitzen u.s. w. wurden mir erst kalt, ich ward matt und schläfrig, dann fing mir das Herz an zu klopfen, mein Puls ward hart und geschwind; eine unleidliche Aengstlichkeit, ein Zittern (aber ohne Schauder), eine Abgeschlagenheit durch alle Glieder; dann Klopfen im Kopfe, Röthe der Wangen, Durst, kurz alle mir sonst beim Wechselfieber gewöhnlichen Symptomen erschienen nach einander, doch ohne eigentlichen Fieberschauder. Mit kurzem: auch die mir bei Wechselfiebern gewöhnlichen besonders charakteristischen Symptomen, die Stumpfheit der Sinne, die Art von Steifigkeit in allen Gelenken, besonders aber die taube widrige Empfindung, welche in dem Periostium über allen Knochen des ganzen Körpers ihren Sitz zu haben scheint- alle erschienen. Dieser Paroxysm dauerte zwei bis drei Stunden jedesmahl, und erneuerte sich, wenn ich diese Gabe wiederholte, sonst nicht. Ich hörte auf, und ich war gesund.”

Dieser Bericht Hahnemanns über seinen Chinarindenversuch gilt als Initialzündung der Homöopathie; im Jahre 1790 fügte er ihn als Fußnote in seine kommentierte Übersetzung von Cullens Arzneimittellehre ein. Skepsis gegenüber medizinischen Theorien und mutige Selbstversuche, nicht etwa Gläubigkeit waren der Ausgangspunkt, von dem aus Hahnemann dem Ähnlichkeitsgesetz nachging.

Gegner der Homöopathie werden nicht müde, Hahnemanns Chinarindenversuch als medizinischen Irrtum und bloße Überempfindlichkeitsreaktion abzutun (z.B. Ärzteblatt 26/1997). Chinarinde oder Chinin verursache gar kein Fieber, mithin gäbe es auch kein Ähnlichkeitsgesetz. Der Chinarindenversuch sei später von anderen wiederholt worden (Schulz 1841, Habermann 1997) und habe da auch kein Fieber hervorgerufen. So schreibt, sogar in medizinischen Lehrbüchern, einer vom anderen ab. Doch abgesehen von mangelndem Verständnis des Ähnlichkeitsgesetzes haben die Autoren nicht richtig gelesen. Sie widerlegen plump, was nie gesagt wurde: “… doch ohne eigentlichen Fieberschauder”, so und nicht anders berichtet Hahnemann von seinem Versuch. Schulz und Habermann experimentierten zudem mit einer geringeren, unpotenziert kaum wirksamen Menge. Ob ihnen die Feinheit der Beobachtung zu eigen war, mit welcher Hahnemann in der Folge ja noch rund 80 weitere Substanzen an sich selbst versuchte, darf bezweifelt werden.

(8) “Die Homöopathie sperrt sich gegen jeden Fortschritt”

Tatsächlich ist die Homöopathie eine 200 Jahre alte Heilkunst, und ihre grundlegenden Prinzipien sind schon seit der Antike bekannt. Die Zeit musste jedoch reif werden, um eine anwendbare Methodik zu entwickeln. Natürlich hat sich die Homöopathie in den letzten 200 Jahren weiterentwickelt, so wurden beispielsweise viele neue Arzneimittelprüfungen durchgeführt. Ebenso ist das Konzept der chronischen Krankheiten, die Miasmenlehre im Fluss und niemand bezieht sich hier noch ausschließlich auf die Begriffe, die Samuel Hahnemann vor 200 Jahren schuf.
Das Wachstum und die Weiterentwicklung der Homöopathie — und hier spreche ich ausschließlich von der klassischen Homöopathie — können wir in gewisser Weise mit der eines Baumes vergleichen: der Stamm bleibt und die Wurzeln bleiben auch, doch es werden immer wieder neue Zweige und Blätter gebildet. Neue Entwicklungen müssen sich in der Praxis bewähren und wenn sie keine Verbindung zum Stamm haben, zu den grundlegenden Lebensgesetzen auf welchen die Homöopathie beruht, dann haben sie auch keine Zukunft. So wächst der Baum womöglich langsam, dafür aber beständig. Im Umkreis steht ein ganzer Wald von Strauchgewächsen, die sich ebenfalls mit dem Namen “Homöopathie” schmücken, doch das ist ein anderes Kapitel.

Dem gegenüber ist die allopathische Medizin ein Garten voller unterschiedlicher und oft widersprüchlicher Gewächse. Es gibt in diesem Garten durchaus Hervorragendes und Nützliches, beispielsweise lebensrettende Maßnahmen, auf die wir nicht verzichten wollen. Dem gegenüber steht die Hilflosigkeit bei langwierig chronischen Erkrankungen, für die nur Symptomlinderung angeboten wird. Dies spiegelt sich auch in der mittlerweile stagnierenden Erhöhung der Lebenserwartung, welche die medizinische Wissenschaft bislang als Erfolg verbucht hat ohne darauf hinzuweisen, dass sie zum allergrößten Teil auf bessere Versorgung der Neugeborenen sowie erheblich verbesserte hygienische und soziale Bedingungen beruht. Viele Jahrzehnte lang gültige therapeutische Standards, wie beispielsweise Digitoxin (Fingerhut-Wirkstoff) bei Herzmuskelschwäche, fallen über Nacht in Ungnade. Ganz einzelne Gewächse werden zu Lasten des übrigen Gartens mit unglaublichem Aufwand hochgezüchtet, doch was lange Zeit als felsenfest wissenschaftlich erwiesene Lehrmeinung galt (z.B. Magengeschwür als psychosomatische Erkrankung), scheint morgen schon widerlegt. Undogmatisch nennt sich diese Medizin, doch wie schon zu Hahnemanns Zeiten, fällt vor allem Konzeptlosigkeit ins Auge. Dieser soll nunmehr eine sogenannte “Evidenzbasierte Medizin” abhelfen, welche allerdings mit ihren derzeitigen Methoden ein ganzheitliches Verständnis von Gesundheit auf einzelne Parameter herunterbricht. Ärzte werden Qualitätssicherungsmaßnahmen unterzogen, die einen unglaublichen Zuwachs an Bürokratie mit sich bringen — doch damit kommen wir von der Krise des Gesundheitssystems zu der des Sozialsystems.

Fazit: Homöopathie, Allopathie und andere Richtungen der Heilkunde können sich durchaus ergänzen, es gibt keinen grundsätzlichen Widerspruch. Natürlich passt im Einzelfall nicht jede Anwendung mit jeder anderen zusammen. Weniger ist zumeist mehr. Doch das kann nur entscheiden, wer eine entsprechende Ausbildung hat.

(9) “Heilpraktiker haben keine medizinische Ausbildung”

Jeder Heilpraktiker und jede Heilpraktikerin muss sich einer strengen Prüfung des Gesundheitsamtes unterziehen. Ohne solche Prüfung darf weder die Berufsbezeichnung “Heilpraktiker” geführt werden noch darf der Beruf ausgeübt werden. Dies gilt nicht für sogenannte “Gesundheitspraktiker”, die jedoch weder Diagnosen stellen noch therapeutisch tätig werden, mithin auch nicht homöopathisch behandeln dürfen.
Gegenstand der gesundheitsamtlichen Heilpraktikerprüfung sind Kenntnisse der Anatomie, Physiologie (Lehre der Körperfunktionen), Pathologie (Krankheitslehre), Gesetzeskunde und Untersuchungsmethoden; Schwerpunkt ist das Erkennen können aller, auch versteckten Anzeichen von schweren Erkrankungen oder solchen, die mögliche Risiken bergen. Es ist zwar keine vorgegebene Ausbildung staatlich vorgeschrieben, doch ohne gute Ausbildung sind die Chancen, die Heilpraktikerprüfung zu bestehen, gleich Null. Krankenpflegewissen reicht bei weitem nicht aus. Die Gesundheitsämter überprüfen streng, rund 60 – 90% der Bewerber bekommen keine Heilerlaubnis.

Damit ist weitgehend gewährleistet, dass ein Heilpraktiker in der Lage ist, jeglichen Hinweis auf eine gefährliche Erkrankung zu erkennen, abzuklären und gegebenenfalls alles Notwendige zu veranlassen, inklusive anderweitiger Diagnostik und Behandlung. Vereinzelt gibt es auch nach menschlichem Ermessen unvorhersehbare Fallverläufe, doch Kenntnisse der eigenen Grenzen und regelmäßige Fortbildung sind unabdingbar, wie in jedem Heilberuf. Andernfalls droht Verlust der Heilerlaubnis und auch die Haftung wird rechtlich nicht anders als bei Ärzten beurteilt.

Damit sind Patienten schon größtenteils davor geschützt, dass notwendige Maßnahmen verschleppt oder übersehen werden. Fälle, in denen Patienten zu Schaden kamen, sind extrem selten. Und wenn so etwas vereinzelt vorkam, hat dies in der Regel nichts mit mangelnden Kenntnisse zu tun, sondern mit einem anderen Phänomen, das vor keinem Berufsstand halt macht: dem Fanatismus mancher, einzelner Behandler. Seien Sie daher vorsichtig mit Heilern, welche ihre Heilmethode zur Ideologie gemacht haben und sonst gar nichts gelten lassen. Schulmediziner können sich solche Einseitigkeit womöglich erlauben, Heilpraktiker nicht.

(10) “Die Homöopathie-Ausbildungen sind nicht geregelt”

Trotz der strengen Selektion hinsichtlich schulmedizinischem Wissen lässt der Staat freie Hand, was die therapeutische Fachausbildung anbelangt. Einige Grundfakten zu Therapieverfahren und möglichen Risiken werden vom Gesundheitsamt abgefragt — weiter reicht die Kompetenz des Arztes nicht, im Weiteren sind eher die Berufsverbände gefragt. Der berufliche Weg zum Heilpraktiker, zur Heilpraktikerin ist jedoch alles andere als einfach. Ohne gute therapeutische Kenntnisse gibt es kaum eine Chance, die ersten fünf Jahre einer Praxisgründung wirtschaftlich zu überstehen. Es gibt kaum eine Berufsgruppe, die so intensiv und regelmäßig Fort- und Weiterbildung betreibt wie homöopathisch arbeitende HeilpraktikerInnen. Nicht alle Details sind staatlich geregelt, doch umso mehr finden sich Homöopathen und Homöopathinnen “aus Berufung” bei uns, die ein hohes Engagement einbringen.

Es gibt durchaus Zertifizierungssysteme unter Heilpraktikern. Diese beruhen auf freiwilliger Basis und somit liegt es an jedem, sich als Patient nach solchen Heilpraktikern umzuschauen, die sich erhöhten Qualitätskriterien unterwerfen.
Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang die Stiftung Homöopathie-Zertifikat, kurz SHZ. Seit 1998 haben sich Experten aus ganz Deutschland zusammengesetzt, um gemeinsam einen Konsens für Qualitätskriterien homöopathischer Aus- und Weiterbildung zu schaffen, die sowohl für Ärzte wie für Heilpraktiker offenstehen. Dies mündete 2002 in die Gründung der Stiftung Homöopathie-Zertifikat, welcher die Trägerschaft dieser Qualitätssicherung übergeben wurde. Qualitätskriterien wie auch eine Liste qualifizierter Homöopathen finden Sie auf der Website: www.homoeopathie-zertifikat.de

International arbeitet das ECCH (European Council for Classical Homeopathy) am gleichen Thema. Ein hohes Niveau hat die Homöopathie immer nur in solchen Ländern erreicht, in denen sie sowohl von Ärzten wie von eigentlichen Homöopathen (in Deutschland: homöopathisch praktizierende Heilpraktiker) ausgeübt wurde. Die einen stehen tiefer in der Schulmedizin, die anderen haben oftmals deutlich umfassendere Homöopathie-Ausbildungen — die Homöopathie wie auch die Patienten benötigen beide.

Bei Ärzten ist die Zusatzbezeichnung “Homöopathie” an entsprechende Fortbildungsnachweise geknüpft. Aus politischen Gründen wurde die Ausbildungsverpflichtung jedoch auf ein Drittel des früheren Standards reduziert, wodurch die Zusatzbezeichnung nichts mehr besagt. Ganz gleich ob Arzt oder Heilpraktiker: wichtig sind qualifizierte Ausbildung, Erfahrung und persönliches Vertrauen.

Abstand nehmen sollten Sie womöglich von Heilpraktikern wie auch Ärzten, die homöopathische Medikamente nach bloßer Blickdiagnose und ohne vorhergehende, umfassende Fallaufnahme, oder im Bündel mit einer Reihe anderer therapeutischer Maßnahmen verabreichen. Homöopathische Behandlung chronischer Erkrankungen ist nicht im Schnellverfahren möglich. Der Zeitaufwand kann nicht “umsonst” geleistet werden; faire Homöopathen informieren über die Abrechnungsmodalitäten jedoch schon vor Behandlungsbeginn.

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